Heute Abend hatte ich meinen ersten Salsa New York Kurs. Mir gefällt der kubanische Stil gut und ich mag ihn, aber ich wollte mir gleichermaßen den Tanz auf der Linie ansehen.
Wenn mich Freunde fragen, weshalb ich nun auch parallel zum Salsa Cubana mit dem New York Style angefangen habe, vergleiche ich das gerne mit Kampfsport und nehme hier Karate als Beispiel.
Im Karate gibt es viele Stilrichtung, die jeweils geprägt sind durch ihre Eigenheiten. Der weitverbreitete Shōtōkan-Stil etwa, zeichnet sich durch einen tiefen Stand aus, der kraftvolle, gradlinige und dynamische Bewegungen ermöglicht. Beim Goju-ryu-Stil hingegen, wird viel Wert auf die Kombination weicher, kreisförmiger Blocks mit schnellen kraftvollen Gegenangriffen gelegt.
Beides ist Karate, aber unterschiedlich in ihrem Stil.
Eine gewisse Ähnlichkeit sehe ich auch bei Salsa, da es hier ebenfalls verschiedene Stilrichtungen gibt. Ich erwähne hier (stark zusammengefasst) zunächst nur die beiden gängigsten Stile:
Salsa Cubana bzw. „Casino“
Salsa Cubana ist der Stil, der vornehmlich in Kuba getanzt wird und hat spanische und kubanische Einflüsse. Markantestes Element ist das kreisförmige, temperamentvolle Umeinander Tanzen der Tanzpartner um einen gemeinsamen Mittelpunkt. Der kubanische Stil wirkt sehr lebendig und akzentuiert den Rhythmus stark.
Wesentliche Tanzelemente sind der Dile que no (kubanischer Platzwechsel) gegen den Uhrzeigersinn, sowie viele Wickelfiguren, wie etwa die Setenta oder der weitverbreitete Sombrero in unterschiedlichsten Varianten. Anders als beim Salsa New York Stil wird die Frau selten losgelassen um Solos zu tanzen.
Salsa Cubana ist der Stil mit dem ich angefangen habe, stark geprägt durch mein soziales Umfeld, was hauptsächlich aus Cubano-Tänzern besteht.
Salsa New York
Der Salsa New York Stil wurde von den in New York lebenden Puerto Ricanern geprägt und hat Einflüsse von Blues und Swing. Er zeichnet sich durch den Tanz auf einer Linie (d.h. vor und zurück) aus und hat meist elegante und weichere Bewegungen. Ein wichtiges Tanzelement ist der Cross Body Lead (Platzwechsel) der Frau, aber auch die sogenannten Shines (Schrittkombinationen, die ohne Partner getanzt werden) und Fallfiguren aus dem Showtanz. Hier wird deutlich, dass die Einflüsse aus der klassischen Tanzschule prägend für diesen Stil sind.
Unabhängig der beiden Stilrichtungen — und hier gibt es noch einige weitere — sind die Ursprünge von Salsa die gleichen. Es ist ein Tanz, der afrokaribische und europäische Tanzstile mischt. Basierend auf dem Kontratanz des 17. Jahrhunderts und später des Danzón, mischte sich der Tanz der englischen, französischen und spanischen Kolonialisten mit der Rumba Afrikas.
Musikalisch werden beide Stile stark vom Son (Son Cubano) beeinflusst. Der Son ist ein Musikstil aus Kuba, der sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat und wird durch die markanten afrokubanischen Trommelrhythmen und Gitarren geprägt.
Auch wenn ich mir jetzt wahrscheinlich den Zorn der Salsa-Gemeinde auf mich ziehe, so sehen für mich — als Salsa-Anfänger — die unterschiedlichen Stile alle sehr ähnlich aus, egal ob ich nun Tänzer aus Kuba, der Dominikanischen Republik, Kolumbien oder aus anderen Ländern Lateinamerikas vergleiche. Ob das jetzt eher ein kubanischer oder dominikanischer Tanzstil ist, kann ich noch nicht unterscheiden, dafür bin ich noch zu grün hinter den Ohren.
Was ich aber bereits unterscheiden konnte ist der leicht abweichende Einsatz von Händen und Füßen, wenn auch nur in Nuancen. Unterschiede sind etwa die Handhaltung, ob man offen oder geschlossen tanzt, das Timing für die Einleitung der Figuren und nicht zuletzt die Fußarbeit (z.B. Tap in den Pausen Zwischen den Schritte). Alles weist auf eine bestimmte geografische Herkunft des jeweiligen Salsa-Stils hin.
Salsa New York … meine ersten Eindrücke
In meiner Tanzschule ist der Anfängerkurs (A1) für Salsa Cubana und Salsa New York gleich. Das bedeutet, es sind die gleichen Lehrinhalte und erst ab dem A2-Level unterscheiden sich die Kurse didaktisch entsprechend den jeweiligen Stilrichtungen.
Zu Kursbeginn fiel mir folgendes auf: Die Anzahl der Kursteilnehmer.
Zurückblickend auf meine Anfängerkurse für Salsa, war dieser Kurs nicht sehr stark besucht. Zusammen mit mir und meiner Tanzpartnerin, waren nur vier andere Paare im Kurs. Das hat natürlich den Vorteil, dass die Tanzlehrer mehr Zeit für den jeweiligen Schüler haben und dadurch die Lernqualität des einzelnen steigt. In den Salsa Cubana Kursen sind es meist sechs bis acht Tanzpaare. Das spiegelt die eher kleine Verbreitung hier im Rhein-Main Gebiet von Salsa New York wider.
In meiner Tanzschule möchten die meisten Teilnehmer den Cubano-Stil lernen, dementsprechend gibt es fast jedes Wochenende einen Anfängerkurs hierfür. Im Gegensatz dazu musste ich für den Salsa New York Kurs etwa einen Monat warten, bis eine ausreichende Anzahl an Teilnehmern angemeldet war.
Als nächstes fielen mir kleine Unterschiede in der Technik auf. Im Kubanischen haben wir die Rechtsdrehung mit der „1“ und einem Schritt nach hinten eingeleitet. Anders als hier, denn die Bewegung bei der „1“ geht nach vorne, was sich zunächst bei der Ausführung etwas komisch anfühlt aber nach mehrmaligem Wiederholen dann genauso gut funktioniert. Trotzdem passierte es mir immer wieder, dass ich meine Bewegungen manchmal kubanisch mache, statt im New York Stil.
Ein weiterer Unterschied ist, dass es Figuren gibt, in denen der Mann die Drehungen macht, statt nur die Frau. In den Cubano-Kursen war die Frau meist diejenige, die sich vermehrt drehen durfte, hier muss es der Mann ebenso gut können um ein tänzerisch einheitliches Bild abzugeben.
Ich finde das gut, denn das gibt mir die Möglichkeit mein Bewegungsrepertoire zu erweitern, die allgemeine Koordination zu verbessern und ein besseres Körpergefühl zu bekommen. Das neu Erlernte ist etwas, was mir im Cubano-Stil gleichermaßen zu Gute kommt.
Was mir besonders gut gefällt: Vom Gefühl her dürfte der Einstieg in die Welt des Salsa für Anfänger leichter sein, die mit dem New York Stil beginnen, da alle Bewegungen und Figuren auf einer Linie getanzt werden. So muss man sich als Anfänger keine Gedanken machen, wo der Tanzpartner ist, weil man sich nur um 180 Grad dreht. Das hilft dabei die verschiedenen Figuren zu verinnerlichen, da der Anfänger sich nicht um die Laufrichtung und die relative Position des Partners beim Tanzen Gedanken machen muss.
Es gibt keinen Vorteil ohne Nachteil: Ich glaube, dass es für einen New York Stil Tänzer schwieriger ist, mit einem Salsa Cubano Tänzer zu tanzen. Dort dreht man sich viel um einen gemeinsamen Mittelpunkt und genau das kann für einen Linientänzer problematisch sein, da er das so nicht kennt. Andersherum hat ein Salsa Cubano Tänzer aber weniger Schwierigkeiten „auf Linie“ zu tanzen, falls nötig, denn er kann seine Laufrichtung anpassen.
Meine Vermutung ist, dass diese Aussage wahrscheinlich nur für Anfänger gilt, da sich gute Tänzer mit Sicherheit auf den jeweiligen Stil einstellen können. Ich könnte mir aber auch gut vorstellen, dass zwei Profis mit unterschiedlichen Tanzstilen nicht ganz im fluss sind und man das als Außenstehender bemerken kann.
Salsa Cubana oder Salsa New York?
Stellt sich nun die Frage, welcher der beiden Stile man wählt. Das ist wahrscheinlich eine Glaubensfrage, denn bekanntlich lässt sich über Geschmack nicht streiten … De gustibus non discutandum! Ich habe bereits die eine oder andere Diskussion hierzu geführt, ob nun Salsa Cubana oder der New York Stil besser, schöner, toller etc. ist. Das war oft sehr mühselig und ähnelt einer Diskussion, ob man nun ein iPhone oder eher ein Samsung Smartphone präferiert.
Das muss jeder wirklich für sich entscheiden, wozu er Lust hat und welche Bewegungsmuster besser zu einem passen. Hier gehen die Meinungen teils weit auseinander und werden hitzig geführt.
Ich persönlich bin ein iPhone-Nutzer und finde — stand heute — den Cubano-Stil reizvoller und besser zu mir und meinem Tanzstil passend.
Letztlich geht es doch darum, dass sich zwei Menschen finden und zwei oder drei Lieder zusammen genießen. Die Tanzfläche macht keine Unterschiede und alles andere spielt keine Rolle!
Karate und Salsa
So, jetzt muss ich abschließend noch die Kurve zum Karate kriegen.
Ich habe mit dem New York Stil angefangen, um mein Bewegungsrepertoire zu erweitern und zu festigen. Obwohl alles auf Linie getanzt wird, und die Figuren dementsprechend gelehrt werden, kann man die gleichen Figuren auch in seinem eigenen Tanzstil adaptieren und so etwas eigenes kreieren, was einen von anderen Tänzern unterscheidet.
Wie ein guter Karateka verschiedene Techniken, unabhängig des Stils, adaptiert um ein besserer Kämpfer zu werden, so ist es auch von Vorteil für einen Tänzer verschiedene Figuren und Techniken zu verinnerlichen, um seinen Tanz noch ausdrucksvoller zu gestalten. Ein großes Figuren-Repertoire bedeutet mehr Variation beim Tanz. Variation beim Tanz bedeutet mehr Spaß!
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